Wettbewerbsergebnisse
Am 24.April 2024 fiel die Entscheidung des Preisgerichts:
Der Entwurf „Fürstenfeld Wood“ des renommierten Kopenhagener Planungsbüros Adept konnte den Wettbewerbssieg klar für sich entscheiden. Die herausragende Qualität des Konzepts zeigt sich im Abstand zu den weiteren Plätzen: Es wurde kein zweiter Platz vergeben, während sich die Entwürfe von caspar.schmitzmorkramer / Studio grüngrau Landschaftsarchitektur und Schellenberg + Bäumler Architekten mit haascookzemmrich STUDIO2050 / Planstadt Senner den dritten Platz teilen.
1. Preis ADEPT, Copenhagen
Fürstenfeld Wood greift die bestehenden Gegebenheiten als zentrales Fundament für eine zukünftige Entwicklung auf. Unter Berücksichtigung der Bestandsbauten, des vorhandenen Baumbestandes, des existierenden Straßennetzes und weiterer Spuren des Ortes wird ein resilientes Konzept für einen gemischten Stadtteil entworfen. Es schafft artenreiche Lebensräume durch gezielte Pflanzungen und integriert Regenwasserbewirtschaftung für ökologische Nachhaltigkeit. Die Planung priorisiert Fußgänger und Radfahrer und fördert die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel. Historische Gebäude werden in gemeinschaftliche kulturelle und soziale Zentren umgewandelt.
Insgesamt bietet das Projekt ein breites Spektrum an Freizeit und Kulturangeboten für Bewohner und Nachbarschaft.
Stellungnahme des Preisgerichts:
Das städtebauliche Konzept basiert auf der Grundidee, den Bestand des Ortes als zentrales Fundament für die zukünftige Entwicklung aufzugreifen. Unter Berücksichtigung der Bestandsbauten, des vorhandenen Baumbestandes, des existierenden Straßennetzes und weiterer Spuren des Ortes wird ein resilientes Konzept für einen gemischten Stadtteil entworfen. Durch die intensive Auseinandersetzung mit dem Vorhandenen gelingt es den Verfassern, eine spezifische und in höchstem Maße ortsbezogene städtebauliche Struktur zu schaffen, die eine eigene Identität stiftet. Dieses Verständnis des Ortes in Verbindung mit der inhaltlichen Prioritätensetzung führt in der Konsequenz zu einem in Ost-West-Richtung aufgespannten Aktivitätsboulevard, mit einer südlichen Quartiershälfte, die zunächst nur punktuelle bauliche Arrondierungen erfährt mit perspektivischen Verdichtungsmöglichkeiten und einer nördlichen Quartiershälfte, die als verwebte und nutzungsgemischte Struktur das „Herz“ des gesamten Stadtteils darstellt. Das Freiraumkonzept mit den Bausteinen einer Stärkung des Waldbiotops im Westen, einem mittigen Nord-Süd-Korridor zwischen FFH-Gebiet im Norden und dem regionalen Grünzug des Emmeringer Sees im Süden und einem grünen Stadteingang im Osten nimmt deutlich Bezug zu den vorhandenen Landschaftselementen und – Qualitäten. Das überordnete Freiraumthema „Fürstenfeld Wood“ nimmt Bezug auf den Wandbestand als identitätsstiftendes Landschaftselement und profiliert diesen inhaltlichen Gedanken. Dem zentrales Aktivitätsboulevard gelingt es einerseits, die Monumentalität des Kilometerbaus zu brechen, andererseits erscheint das Nutzungsangebot überzogen und lässt keinen hinreichenden Spielraum für Aneignung. Die „grüne Lunge“ in Nord-Süd-Richtung erscheint zu eng dimensioniert und kann den Anspruch an Durchlüftung und an einen vielfältig nutzbaren Quartierspark nicht einlösen. Auch die Dimensionierung der Baufelder und die Stellung der Baukörper kann die gewünschte Durchlüftung nicht gewährleisten. Wohnen und Gewerbe werden weitestgehend gemischt und mit dem öffentlichen Raum verwebt. Die Nutzungsprogrammierung insgesamt ist jedoch eine gute Basis für ein urbanes, lebendiges Quartier und die gewünschte perspektivische Flexibilität. Die gemeinschaftlichen Nutzungen sind gut entlang des Aktivitätsboulevards angeordnet und damit auf kurzem Wege erreichbar. Der Standort der Schule in Verbindung mit den Sportflächen ist gut positioniert, überbaut jedoch eine wertvolle Biotopfläche. Die Nutzungsvorschläge in den Bestandsbauten können überwiegend überzeugen, auch wenn sich Fragen der
wirtschaftlichen Umsetzung stellen. Mit der geringen Höhenentwicklung der neuen Baukörper werden leider lange Wege erkauft und damit die Erreichbarkeit der Versorgungseinrichtungen erschwert. Die Grundstruktur wirft mit ihren kleinteiligen Baukörpern und Typologien in Verbindung mit dem Erschließungssystem Fragen der Orientierung auf.
Das Erschließungskonzept im Hinblick auf ÖPNV und MIV weist keine klare Hierarchie auf, was in der Folge zu einer Übererschließung führt und damit zu einem hohen Erschließungsanteil. Die ÖPNV-Trasse im Aktivitätsboulevard schwächt dessen Attraktivität als Freiraum. Zudem wird der Aktivitätsboulevard durch das Erschließungssystem negativ beeinträchtigt. In dem Konzept wird die Hälfte der notwendigen Stellplätze nachgewiesen. Gewürdigt wird die Ausarbeitung im Detail – von Vorschlägen zur Bestandsnutzung bis hin zu Freiraumtypologien und innovativen Ansätzen zur Energieversorgung und zu Stoffkreisläufen. Zugleich wird ein Phasenmodell für einen nachhaltige Transformationsstrategie dargestellt, das in überzeugender Art und Weise aufzeigt, wie der Stadtteil wachsen kann. Insgesamt stellt der Entwurf einen spannenden Beitrag zur Aufgabenstellung dar, der dem spezifischen Potenzial des Ortes gerecht wird und den Bestand in besonderem Maße würdigt.
2. Preis caspar.schmitzmorkramer GmbH, Köln mit Studio grüngrau Landschaftsarchitektur GmbH, Düsseldorf mit Schellenberg + Bäumler Architekten GmbH, Dresden
Stellungnahme des Preisgerichts:
Die Jury erkennt in der vorliegenden Arbeit ein robustes und verständliches städtebauliches Grundgerüst. Die gewünschten Nutzungen erscheinen ausreichend und in einem guten Mix erfüllt. Bezüglich der übergeordneten Einbindung bildet der große Grünring Fürstenfeldbruck einen wertvollen Gedanken. Bei näherer Betrachtung bleibt die Arbeit jedoch in ihren westlichen und südlichen Anschlüssen der Grünachsen realistische bzw. konsequente Antworten schuldig. Im Westen ist keine ausreichende Fortführung dargestellt, im Süden ist sie nicht realistisch in der gezeigten Dimension umsetzbar. Die direkt angebundenen Potentialflächen der Nachbargemeinden sind plausibel gesetzt und wären eine gut angebundene wünschenswerte Erweiterung des neuen Stadtteils über die Grenzen der Stadt Fürstenfeldbruck hinaus, der Olchinger Satellit wirkt im Gegensatz dazu leider verloren. Die einzelnen Quartiere und Cluster sind gut proportioniert und werden von den Grünstrukturen der Parkmeile zusammengehalten. Ein erster Neubau-Abschnitt im Westen, „Stadtnatur“ genannt, erscheint plausibel. Die Detaillierung der Blöcke ist dabei noch schematisch bzw. bezüglich Belichtung und unterschiedlicher Typologien oder bestandsorientierter Entwicklungsstufen nicht ausreichend differenziert. Der große Erschließungsloop würde nur im Falle der Ergänzungen der Nachbargemeinden gerechtfertigt sein, anderenfalls wäre es eine Umgehungsstraße am Feld, ohne eine Adressbildung zu fördern. Gewürdigt wird, dass der Loop die Mitte und die Quartiere selbst entlastet. Die Express-Bustrasse ist eine gute Lösung für das aktuelle Fehlen des S‑Bahn-Anschlusses, die zusätzliche Seilbahn wird in ihrem Mehrwert hinterfragt. Die großen Grünräume scheinen überproportional ausgedehnt und sind gleichförmig mit Wegen und grünen Clumps belegt. Auch deren Übergänge und Abschlüsse können nicht überzeugen. Die Parkräume scheinen sich zu verlieren, anstatt markante Punkte und Orientierung zu bieten. Die Förderung des Biotopverbunds und die gut ausgebildeten Frischluftschneisen werden positiv bewertet. Es wurde im großen Maße auf den Erhalt der ökologischen Schutzflächen Rücksicht genommen. Im Vergleich dazu wurde weniger Rücksicht auf den baulichen Bestand genommen. Dabei werden zudem Chancen verpasst, eine markante zukunftsorientierte Haltung für die städtebauliche Entwicklung auszuprägen. Dies spiegelt sich auch in zu wenig ausdifferenzierten Gestaltungen der öffentlichen Grün- und Erschließungsräume an den Schnittstellen wider, insbesondere am Kilometerbau oder in der Ausformulierung einer „Waldrandsiedlung“ als Quartierseingang. Die multifunktionalen Umprogrammierungen der großen Bestandsstrukturen, z.B. des Blauen Palais in ein Zentrum für Kongress, Bildung und Wohnen auf Zeit, werden positiv gewertet. Bezüglich der Wirtschaftlichkeit wird das überfrachtete Mobilitätskonzept angekreidet (Seilbahn, Quartiersbus). Nur wenige Bestandsstraßen werden rückgebaut.
Die Arbeit liefert einen guten Beitrag zur schrittweisen Konversion des Fliegerhorstes und zu Erweiterungsmöglichkeiten. Die einzelnen Lösungen wirken im Detail großteils stimmig, jedoch auch schematisch.
3. Preis haascookzemmrich STUDIO2050, Stuttgart mit Planstatt Senner GmbH, Überlingen
Stellungnahme des Preisgerichts:
Die städtebauliche Entwurfsidee basiert darauf, bauliche Eingriffe überwiegend im nördlichen Bereich des Areals vorzunehmen. Die Bereiche mit den ortsbildprägenden Denkmalen Luftkriegsschule, Kilometerbau und Blaues Palais werden nur sehr punktuell baulich ergänzt, was positiv ist. Die freiraumplanerische Begleitung des Kilometerbaus mit einem Kilometerpark ist gut gelungen.
Es werden 4 Baufelder mit sehr unterschiedlichen Charakteren gebildet, was einerseits Identität erzeugt, andererseits aber auch kontrovers diskutiert wird, da eine klare Nutzungstrennung zu entstehen scheint. Wohnen und Arbeiten sind relativ stark voneinander getrennt. Es stellt sich in diesem Zug auch die Frage der richtigen Ettapierung, um von Beginn an ein lebendiges, durchmischtes Stück Stadt entstehen zu lassen. Die Einbindung des Bestands gelingt grundsätzlich gut, allerdings gibt es städtebauliche Setzungen, die Fragen aufwerfen, bspw. die Parkdecks am Quartierseingang gegenüber dem Offiziersheim oder der Handwerkerhof am östlichen Rand der ehemaligen Luftkriegsschule. Die ehemalige Luftkriegs-schule durch die neue Nutzung als Kunstquartier zu „pazifizieren“ wird als grundsätzliche gute Idee anerkannt. Insgesamt werden jedoch räumlich attraktive Situationen, die sich aus dem Bestand ergeben nicht immer genutzt.
Hochpunkte werden grundsätzlich positiv gesehen, um Orientierung zu schaffen. Die Lage des westlich gelegenen Hochpunktes ist jedoch nicht überzeugend. Eine Tiny-House-Siedlung am Quartierseingang ist nicht vorstellbar. Positiv gesehen wird die Idee eines Forschungsclusters in Kombination mit einem Energiecluster und dem Technologiepark. Hier könnten gewinnbringende Synergien entstehen. Die Entscheidung, Schulen und Sportplätze in einen engen räumlichen Kontext zu stellen, wird begrüßt. Den Stadteingang mit dem Schulzentrum zu besetzen ist ein sehr guter und adäquater Ansatz.
Im Bereich des Aktivquartiers stellen sich Fragen der angemessenen Dichte und Dimensionierung der öffentlichen Räume sowie des Versiegelungsgrades. Sie erscheinen deutlich zu groß bemessen, das Modell jedoch spricht eine andere Sprache und erscheint in Bezug auf die genannte Fragestellung adäquater. Schade ist, dass der Gedenkort des Olympiaattentats nur marginal betrachtet wird. Die daneben platzierte Flugzeugausstellung reagiert wenig sensibel auf diesen geschichtsträchtigen Ort. Als positives Entwurfsprinzip wird erkannt, dass Flächen entsiegelt werden und die Bebauung insgesamt kompakt ist. Allerdings werden die entsiegelten Flächen dann als potentielle Erweiterungs-optionen deklariert, was inkonsequent erscheint. Zwischen westlichem und östlichem Bereich entsteht eine Grünschneise, deren Dimension kritisch gesehen wird. Es stellt sich grundsätzlich die Frage, wieviel Grünraum in Nord-Süd- und West-Ost-Richtung angebracht ist. Die teilweise Freistellung des Kilometerbaus wird kritisch diskutiert. Das Gebäude erhält damit eine partielle räumliche Dominanz, die mit Bezug auf die Geschichte nicht angemessen erscheint.
In Bezug auf Mobilität, Energie und Klima ist der Entwurf sehr gut durchgearbeitet, die vorgestellten Ideen sind überzeugend.
Insgesamt liefert der Ansatz starke Entwurfsideen, die allerdings auch kontrovers diskutiert werden. Einerseits könnten Orte mit einer starken Identität entstehen, andererseits stellt sich die Frage nach einer zukunftsweisenden Lösung für ein dichtes, durchmischtes Quartier mit hohen Prozessqualitäten in der Entwicklung.











