Der Fliegerhorst wird zu Fursty
Am 29. April 1945 war mit dem Einmarsch der amerikanischen Armee der zweite Weltkrieg für die Fürstenfeldbrucker Bürger beendet. Der Fliegerhorst wurde im Zuge dessen besetzt und von der US-Luftwaffe als Einsatzflughafen genutzt. Captain Woodworth vom 840th Engineer Aviation Battalion gab den Auftrag, das Flugplatzgelände, das beim Bombenangriff Anfang April 1945 stark beschädigt worden war, wieder instand zu setzen. Priorität hatte dabei die Fertigstellung der Verwaltungs- und Unterkunftsräume sowie der Küchen. Für den Bau der Startbahn und Rollstraßen wurde auch eine Eisenbahnverbindung errichtet. Im Jahr 1947 verlängerte man die Start- und Landebahn an beiden Enden um 300 Meter. Für diese Fliegerhorst Erweiterung wurden vom „European Command U.S. Army“ erneut Grundstücke privater Eigentümer enteignet. Wie bei US-Streitkräften im Ausland üblich, entstand ein „little USA“. So wurden viele Wohngebäude, die sogenannten Sternbauten, eine Schule und Kindergarten sowie eine Kirche für alle Konfessionen errichtet. Der Name Fursty entstand.
Der Wechsel der amerikanischen Einheiten, die auf den Fliegerhorst kamen und gingen, war in der Nachkriegszeit sehr hoch. So waren seit 1948 Teile des 36. Jagdbombergeschwaders der US-Air-Force hier beheimatet. Diese Bomberstaffel war die erste Einheit der US-Luftwaffe, die in Europa mit Strahlflugzeugen ausgestattet war. Während der Berlinkrise 1948/49 waren verschiedene Einheiten der amerikanischen Luftwaffe zeitweise in Fürstenfeldbruck stationiert. Eine zentrale Bedeutung für die US-Streitkräfte bekam der Fliegerhorst dann im Jahr 1950 durch den beginnenden Koreakrieg. Die US-Air-Force nutzte den Fliegerhorst in der Folge bis 1956/57 als Frontflugplatz im Kalten Krieg, sowie als Ausbildungsplatz für sich und ihre Verbündeten. Hierbei spielte vor allem die 7330th Flying Training Wing, die seit Ende 1953 bzw. Anfang 1954 hier stationiert war, eine wichtige Rolle. Sie war im Rahmen des Mutual Defense Assistance Program (MDAP) ein in Fürstenfeldbruck aufgestellter Verband, zur fliegerischen Ausbildung, auch nicht-europäischer Verbündeter der USA. Die USA übernahmen in den Jahren nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs für die künftigen NATO-Staaten und zeitweilig auch für weitere Länder die Rolle als Leitnation von ehemaligen Kolonialmächten. Der neue Kommandant des Fliegerhorstes, Colonel Mark H. Vinzant, initiierte eine Fliegerausbildungsgruppe. Bereits ab 1952/53 waren Piloten aus der Türkei, Italien, dem Iran und Pakistan in Fürstenfeldbruck ausgebildet worden und Mitte der 1950er Jahre kamen auch Fliegerschüler aus Portugal und Spanien hinzu. Am Ende des MDAP-Programms im Jahr 1956 hatten über 1000 Jet-Piloten aus 15 NATO-Ländern und Ländern der Dritten Welt ihre Fluglehrer-Ausbildung in Fürstenfeldbruck absolviert. Am 1. November 1957 wurde der Fliegerhorst von der bundesdeutschen Luftwaffe übernommen und offiziell am 14. Dezember 1957 übergeben.
Der von den Amerikanern eingesetzte kommissarische Bürgermeister Anton Uhl und der erste gewählte Bürgermeister Hans Wachter (CSU) versuchten, angesichts ihrer Abhängigkeit von der amerikanischen Besatzungsmacht, von Anfang an, ein gutes Verhältnis zu ihren amerikanischen Ansprechpartnern der Zivilverwaltung und des Fliegerhorstes zu entwickeln. Unmittelbar nach Kriegsende war das Verhältnis noch eher frostig. Doch die Vielzahl der Probleme wie Wohnungsnot, Arbeitslosigkeit, eine hohe Kriminalitätsrate und Nahrungsmittelknappheit ließ beide Seiten bald pragmatisch an einem Strang ziehen. Auch die Amerikaner waren trotz des vorangegangenen Krieges von Anfang an bemüht, zu den Deutschen ein freundschaftliches Verhältnis aufzubauen – zur Bevölkerung wie zur Stadtverwaltung. Anfang der 1950er Jahre wurden gemeinsame Wohnungsbauprogramme aufgelegt. Ab Juli 1952 existierte im Rathaus eine Verbindungsstelle des Fliegerhorstes für zivile Angelegenheiten. Bereits einen Monat zuvor, hatte der Kommandant des Fliegerhorstes, Oberst Scott, Bürgermeister Bauer und weitere Vertreter der Stadt auf den Fliegerhorst eingeladen, um den Kontakt zwischen Deutschen und Amerikanern zu intensivieren. Andererseits musste sich der Stadtrat in seiner Sitzung am 7. Mai 1956 mit der Problematik der Tiefflüge am Fliegerhorst beschäftigen.
Zeitlich parallel zur Übernahme des Fliegerhorstes durch die US-Streitkräfte erfolgte die Besetzung von Privatwohnungen und einzelnen Siedlungskomplexen in der Werftsiedlung oder am Tulpenfeld. Im Jahr 1946 arbeiteten in Fursty über 1400 deutsche Zivilangestellte. Vier Jahre später waren es schon ungefähr 2000 Personen, die für den Unterhalt und Ausbau des Flughafens zuständig waren. Für die Bevölkerung Fürstenfeldbrucks bedeutete das vergleichsweise gut bezahlte Arbeits- und Verdienstmöglichkeiten in wirtschaftlich schwierigen Zeiten. Viele lokale Handwerksbetriebe erhielten darüber hinaus vom Fliegerhorst Aufträge. Nach Beendigung des Zweiten Weltkriegs war das Verhältnis zwischen den am Fliegerhorst stationierten Angehörigen der US-Luftwaffe und der ortsansässigen Bevölkerung noch schwierig. Nach und nach verbesserte es sich. Hierzu trugen beispielsweise das 1949 initiierte German-Youth-Association-Programm mit Jugendsportfesten oder Hilfsaktionen für bedürftige Kinder bei. Ein weiteres Beispiel war die „Operation Help“ von Major Chaplain Pietrek im November 1952, bei der amerikanischen Soldaten und Familien für bedürftige Fürstenfeldbrucker Lebensmittel, Kleider, Geld und Spielsachen sammelten. 1955 wurden in einer gemeinsamen Pflanzaktion von Brucker Schülern und Kindern der amerikanischen Fliegerhorst Schule 3000 Bäume in der Rothschwaige gepflanzt. Auch der „Armed Forces Day“ der US-Streitkräfte im Mai 1955 diente dazu, dass sich Zivilbevölkerung und Militär näher kamen. Am 5. April 1957 rettete derUS Captain Richard Higgins, der auf einem Übungsflug technische Probleme hatte, die Bevölkerung der Stadt, indem er seinen Schleudersitz nicht über dem Stadtgebiet betätigte, sondern erst am westlichen Stadtrand. Die Trümmer seiner Maschine fielen auf eine Wiese – Captain Higgins allerdings kam ums Leben. Auf Initiative des damaligen Bürgermeisters Dr. Fritz Bauer wurde die Tat des amerikanischen Jetpiloten mit der Benennung einer Straße im Stadtgebiet von Fürstenfeldbruck gewürdigt.
Quellen